„Ich kann nicht mehr schlafen“. Das ist die häufigste Klage, die die Betroffenen mit diesem Krankheitsbild zum Arzt führt - und ihn erst einmal diagnostisch auf eine falsche Fährte lockt. Ähnliches gilt für die zweithäufigste Klage: „Mich plagen nächtliche Beinkrämpfe“. Auch das lässt erst einmal an ganz andere Krankheitsbilder denken. Beides aber sind - wie erwähnt - die häufigsten Folgen der „unruhigen Beine“, die inzwischen den international gebräuchlichen Fachbegriff „Restless-Legs“ tragen. Um was handelt es sich?
Das Leidensbild ist nicht neu (im 17. Jahrhundert erstmals beschrieben!), nimmt aber möglicherweise zu. Man spricht von etwa 10% Betroffenen, Frauen mehr als Männer, wobei 1-3% so schwer beeinträchtigt sind, dass man sie gezielt behandeln muss.
Nachdem die Patienten sich über ihre Schlafstörungen und Beinkrämpfe beklagt haben, will der Arzt Genaueres wissen. Und hier stößt er auf ein neues Problem, nämlich eine Vielzahl ganz unterschiedlicher Missempfindungen (Fachbegriff: Parästhesien = Fehl-Empfindungen des Haut-Sinnes wie Kribbeln, pelzig sein, Ameisen laufen u. a., manchmal auch mit schmerzhaftem Charakter). Diese Missempfindungen - meist zwischen Fußknöcheln und Knie - werden dann auch als Ziehen, Spannen, Kribbeln, Stechen empfunden, mitunter auch als Kältegefühl und bisweilen sogar als Schmerzen oder Krämpfe (ohne dass sich der Muskel verkrampft - siehe später). – Nun wird der Arzt eine Untersuchung vornehmen - und beim Restless-Legs-Syndrom keinen krankhaften Befund erheben. Also fragt er gezielt weiter. Und der Patient bestätigt:
Die Missempfindungen sind in der Regel
Zwei Auffälligkeiten können (aber müssen nicht) noch eine Rolle spielen: Zum einen eine so genannte „positive Familien-Anamnese“: Irgendein naher Vorfahre (Eltern, Großeltern, deren Geschwister) soll über ähnliche Beeinträchtigungen geklagt haben. Und zweitens: Die Missempfindungen müssen nicht nur die Beine, sie können auch andere Körperteile bis hinauf zum Kopf betreffen. Der Bewegungsdrang bleibt aber auf die Beine beschränkt.
Vor der Einleitung einer medikamentösen Therapie klärt der Arzt aber noch sorgfältig ab, ob es sich um ein primäres oder sekundäres Restless-Legs-Syndrom handelt: Primär heißt, die Ursachen sind (bis heute) unbekannt (wobei inzwischen erbliche Risiko-Faktoren gefunden wurden, die den Verdacht nahe legen, dass es sich hier um eine so genannte komplex-genetische Erkrankung handelt). Sekundär bedeutet, das Beschwerdebild könnte durch eine Nieren-Insuffizienz, Dialyse-Pflichtigkeit (Blutwäsche), rheumatoide Arthritis, Parkinson-Krankheit oder Schwangerschaft, vielleicht sogar durch bestimmte Arzneimittel (z. B. Neuroleptika) ausgelöst oder verstärkt worden sein. Auch ein Eisenmangel ist verdächtig.
Was kann man tun?
Die Behandlung eines Restless-Legs-Syndroms ist zwar nicht einfach und vor allem auch nicht immer zufrieden stellend, gemessen an früher aber doch ein großer Fortschritt. Dabei gehen Hausarzt und/oder Neurologe vor allem mit so genannten Dopamin-Agonisten vor, sprich L-Dopa. In schweren Fällen versucht man es auch mit Opiaten. Bewegung der Beine, Massieren oder Abkühlen können die Beschwerden reduzieren, aber nicht auf Dauer. Antidepressive Arzneimittel und Psychotherapie haben keinen Erfolg.
Das Gleiche gilt für zwei häufige Empfehlungen, die ansonsten durchaus Sinn machen: 1. schwere körperliche Anstrengungen und 2. abendliche Entspannungsübungen, z. B. Autogenes Training. Beides aber kann die ruhelosen Beine noch verstärken.
Was könnte es sonst noch sein?
Der wichtigste Grund, weshalb der Hausarzt den zuständigen Facharzt, nämlich den Neurologen hinzuzieht, dürfte in der so genannten Differentialdiagnose des Restless-Legs-Syndroms bestehen, oder auf Deutsch: Was könnte es sonst noch sein? Dazu gehören beispielsweise (allgemein-verständlich und kurz gefasst):
Schlussfolgerung
Restless-Legs, unruhige Beine mit Missempfindungen, besonders abends und nachts, sind ein altes Leiden, inzwischen aber wissenschaftlich gut beforscht und therapeutisch befriedigend zu behandeln. Einiges gibt zwar zum Verwechseln Anlass, aber nur dann, wenn man nicht die klassischen diagnostischen Fragen kennt, wie sie oben aufgeführt wurden. Es gibt wenige Leiden, die sich im Grunde schon durch eine gezielte Befragung halbwegs sicher erkennen lassen. Die unruhigen Beine gehören dazu.